13

malerei ist ein experimentierfeld für das leben.

haptisch erfahrbare philosophie.

der strich:

zeichnen ist wohl die direkteste erfahrung im künstlerischen ausdruck.

farbe ist schon fltrierter und sublimierter, so empfinde ich das. farbe entspringt der emotion (oder später auch der bedeutung). kann eine farbe falsch sein? ja, genau wie ein falscher ton in der musik. eine falsch gesetzte farbe kann schmerzen (und gegebenenfalls eine ideologie in den abgrund stürzen).

der strich hat seinen ursprung in der gestik. er ist formgewordenes empfinden und handeln. er zeigt den gelebten augenblick, angst, schüchternheit, draufgängertum, eitelkeit, verschlossenheit und offene abenteuerlust. die geschulte hand kann den charakter des strichs verderben. sie beherrscht den strich und drängt ihn durch vorausentworfene programme in ein korsett. man sagt, van gogh habe am ende seines lebens mit der linken hand gezeichnet, da ihn die rechte verraten habe und nicht mehr der fragilität des augenblicks ausdruck war.

der wirklich erlebte strich “weiss” nicht, sondern er verhält sich. er reagiert auf die reise, ziel unbekannt.

nichts ist fasziniereneder als einem strich zu folgen. wie oft habe ich grob mit einem ersten ansatz begonnen und mich dann der welten erstaunt, die aus dem strich entsprungen sind. keine davon war vorausahnbar.

auch die farbe reagiert, eine auf die andere. doch wird sie von einem zuviel an emotion um die klarheit gebracht.

der strich ist essenz. er ist die reine sprache des körpers. er ist nackt.

stimmt es, dass babys anfangs nur kontraste wahrnehmen?

9 Gedanken zu “13

  1. Du schreibst “der wirklich erlebte strich “weiss” nicht, sondern er verhält sich”.
    Das ist wie Liebe, sie ist sich ihrer nicht selbst bewußt, weiss nicht um sich, sondern verhält sich. Auch wenn sie um sich nicht weiss, ist sie eine gewaltige Kraft.

  2. ich lausche deinen gedankengängen nach und sehe zwei verschieden Formen, das eine ist das Abenteuer des Strichs, wenn ich ihm, ohne etwas zu wollen, folge, mich überraschen lasse und erst später gezielte Striche neben die mich geführten setze, das andere ist einen eigenen Strich zu haben, an dem man mich erkennt und der Moment, wo ich etwas ganz bestimmtes zeichnen will und somit der Strich mir folgt, statt ich ihm … ich will es nicht bewerten, alles hat seine Berechtigung!
    Dein Bild hat mich auf alle Fälle gerade eben zum Verharren gebracht, ich schaute und schaute, sah viel Wut, viel Moderne und auf einmal entdeckte ich den kleinen Saxophonspieler, sozusagen ein spezieller Freud von mir und in mir wurde es warm

    herzlichst
    Frau Blau

    • du beschreibst das sehr schön. ja, der strich ist ein zusammenspiel zwischen sich führen lassen und erkennen, um dann auch wieder selbst einzugreifen.
      das bild ist ein ausschnitt aus einer sehr grossen arbeit. “the birth of traff”. es handelt sich um eine geburt oder eher die geburt als solches, im übertragenden sinn, also die geburt von ideen und neuen formen.
      die geburt hat etwas gewaltiges und gleichzeitig etwas gewalttätiges. alte strukturen werden aufgebrochen und teilweise oder sogar auch grösstenteils (?) zerstört. jede geburt ist mit angst besetzt, aber auch mit hoffnung, denn jede/r/s neugeborene hat dieses unglaubliche potential an freiheit, die das neue birgt. und eben auch die hoffnung auf das bessere. wohl der saxophonspieler, den du als wärme empfindest.

      herzlichst
      eva

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